zurück zur Homepage

 

Selbsthilfegruppe Angst Zwickau

3)  Wie funktioniert eine Selbsthilfegruppe?

Gründung und organisatorische Dinge


Jeder kann eine Selbsthilfegruppe gründen - das hängt nicht ab von irgendeiner Qualifikation, vielmehr nur von dem Willen, selbst etwas zu tun, um bestimmte Themen zu bewältigen. Mit Verbündeten läßt sich sicher mehr tun als allein, und so sucht man sich Leute, denen es ähnlich geht oder die Interesse am Thema haben und versucht, gemeinsam etwas zu bewegen.
Eine Selbsthilfegruppe bedarf keiner Rechtsform - es genügt, sich mit anderen Leuten auf ein Thema und bestimmte Rahmenbedingungen (Ort, Zeit, Dauer ...) zu einigen.
Man kann auch ganz allein eine Selbsthilfegruppe gründen, bekanntmachen und darauf warten, wer bei dem gegebenen Thema mitarbeiten will.

Bekanntmachen der SHG (Werbung):
Es gibt mehr  Leute, die betroffen sind, als man gemeinhin denkt und als man in seiner SHG aufnehmen könnte - das Problem ist, diese Leute zu finden.
Ein Anlaufpunkt können die Kontakt- und Informationsstellen für Selbsthilfegruppen (KISS) sein. Es lohnt sich schon, dort erst einmal nachzufragen, ob es in der Nähe nicht schon eine SHG gibt, die das eigene Thema behandelt. Über die KISS kann man dann auch seine eigene SHG bekanntmachen. Wir haben gute Erfahrungen, was z.B. die Pressearbeit betrifft, die unsere KISS betreibt.
Adressen von Hilfezentren oder KISS kann man z.B. bei der NAKOS (siehe Kontakte) erfragen.
Natürlich kann man auch selbst in der regionalen Presse auf sich aufmerksam machen. Kurzmeldungen über die Allgemeinheit interessierende Projekte und Termine können oft kostenlos durch Zeitungen abgedruckt werden - man kann ja mal danach fragen.
Das Internet bietet eine weitere Möglichkeit, insbesondere durch Links von anderen Selbsthilfeseiten auf eine eigene Seite oder einfach durch die Bitte, Termine, Adressen und Treffpunkte (sofern diese relativ fest sind) zu veröffentlichen.
Schließlich ist es beim Thema Angst auch gut möglich, durch Handzettel in Arztpraxen und bei Psychologen auf sich aufmerksam zu machen. Nicht alle Psychologen sind von der Selbsthilfeidee begeistert, aber meistens gibt es kein Problem.

Räume
In Zwickau kennen wir es nur so, daß wir Räumlichkeiten der KISS für unsere Treffen nutzen. Sie bieten eine verläßliche Anlaufstelle und sind anonym. Ansonsten treffen wir uns auch je nachdem, was wir vorhaben, mal bei Mitgliedern zuhause oder in Sportstätten, vorm Kino oder in Gaststätten usw.
Wir würden uns aber auch interessieren für Erfahrungen anderer Gruppen, die andere Möglichkeiten gefunden haben (nicht überall gibt es KISS).

Termine
Wir treffen uns jeden ersten und dritten Montag im Monat um 17:30 Uhr.
Vom Zeitabstand her hat sich das als günstig erwiesen. Der Zeitpunkt ist für uns am günstigsten, da Einige arbeiten, Andere nicht und später dann wieder die ersten die Familie versorgen müssen. Unsere Treffen gehen meist bis 19:30 Uhr.
Darüber hinaus unternehmen wir manchmal auch noch andere Dinge und es ist manchmal wirklich nicht leicht, einen Konsens über Termine zu erreichen. Man kann dann nur nach der Mehrheit der Teilnehmer gehen, damit es überhaupt einmal klappt.

Hilfestellungen
Für unsere Selbsthilfegruppe ist die Kontakt- und Informationsstelle für Selbsthilfe (KISS) in Zwickau eine ganz wichtige Hilfe.
Man kann sich auch bei Psychologen befragen - wir laden auch von Zeit zu Zeit einen Fachmann ein, um bestimmte Probleme anzusprechen.

finanzielle Mittel (wofür und woher)
Man kann sicher auch ohne äußere Unterstützungen viel bewegen. Es hilft aber schon, wenn man einen gewissen finanziellen Rückhalt hat, z.B. um für den Vortrag eines Fachmanns ein Honorar zahlen zu können oder Bücher und Zeitschriften für die Gruppe zu kaufen, bei gewissen Unternehmungen anfallende Kosten zentral abzurechnen und so auch finanzschwächeren Mitgliedern die Teilnahme zu ermöglichen. Weiterhin kann man so Telefonate zwischen den Gruppenmitgliedern oder mit Fachleuten abrechnen, oder die Öffentlichkeitsarbeit finanzieren.
Wir erhalten für die Arbeit unserer Gruppe z.B. Unterstützung durch verschiedene Krankenkassen, die zum Teil auch schon die Wichtigkeit von Selbsthilfegruppen erkannt haben. Das voraussichtlich benötigte Geld wird Anfang des Jahres beantragt, dann genehmigt und die angefallenen Kosten nach Ablauf des Jahres abgerechnet. Dabei gibt es immer auch einen Eigenanteil, den wir selbst aufbringen müssen.
Es gibt, vor allem für größere Selbsthilfegruppen, noch viele andere Möglichkeiten, Unterstützung zu erhalten. So zum Beispiel Spenden und Sponsoring. Hier fehlen uns selbst noch konkrete Erfahrungen.  

Freiwilligkeit, Eigeninitiative, Verläßlichkeit, Zusammenarbeit und gegenseitige Hilfe

... grundlegende Voraussetzungen, damit die Selbsthilfegruppe funktionieren kann.

Freiwilligkeit:
Niemand kann oder darf zu etwas gezwungen werden. Das gilt für das Erscheinen bei den einzelnen Treffs wie auch für die Teilnahme an irgendwelchen Aktionen. Man kann als Gruppe sicher versuchen, jemanden zu überzeugen, aber man kann nicht verlangen, daß er dann alles auch akzeptiert.
Vor allem: Man kann auch niemanden zu seinem Glück zwingen.
Will ein Teil der Gruppe etwas unternehmen, das Anderen nicht behagt oder (noch) nicht möglich erscheint, so kann immer noch der Teil der Gruppe, der etwas unternehmen will, alleine losziehen. Es ist besser, etwas mit Wenigen zu versuchen, als es wegen ein paar Unentschlossenen ganz sein zu lassen. Eventuell kann man ja die Unentschlossenen später immer noch für ähnliche Aktionen gewinnen, vor allem wenn sie sehen, daß man beim letzten Mal Erfolge hatte.

Eigeninitiative:
Es ist zwar auch ganz schön, sich einfach nur unter Menschen zu begeben, die gleiche Probleme haben und sich so wenigstens verstanden zu fühlen. Man kann sich auch Hoffnung holen, indem man von Anderen hört, wie sie ihre Situation verbessern.
Der Sinn der Selbsthilfe besteht aber auch gerade darin, daß man selbst die Initiative ergreift. Das heißt, sagen, was man verbessern will und mit der Gruppe zusammen versuchen, Wege dahin zu finden. Man braucht dabei ja nicht gleich Bäume ausreißen, sondern sollte von seinen Möglichkeiten ausgehen. Oft geht es nur in kleinen Schritten vorwärts, das Wesentliche dabei ist jedenfalls, daß man selbst etwas versucht, und sei es noch so "unbedeutend".

Verläßlichkeit:
Man muß in der Gruppe klarstellen, daß es, um nicht irgendwann völlig frustriert zu werden, einer gewissen Verläßlichkeit bedarf, vor allem was die Teilnahme und entsprechende Termine betrifft. Wenn man schon nicht kommen kann oder will, so kann man das wenigstens telefonisch oder anderweitig so früh wie möglich ankündigen. Es ist unfair, andere Leute in Ungewissheit warten zu lassen.

Zusammenarbeit und gegenseitige Hilfe:
Zusammen an einer Besserung der Situation zu arbeiten ist ein großer Vorteil einer Selbsthilfegruppe. Wenn ich zum Beispiel jemanden habe, mit dem ich Auswege aus der Angst diskutiere und dann auch ausprobiere, dann kann ich vielleicht schneller meine Angst überwinden.
Hilfe holen bedeutet nicht, jemanden ins eigene Vermeidungsverhalten einzuspannen. Zum Beispiel ist es schonmal gut, für jemanden einkaufen zu gehen, der sich nicht aus dem Haus traut. Auf Dauer wäre es aber besser, mit demjenigen zusammen diese Situation zu überwinden, so daß er selbst wieder einkaufen kann. Das sollte man nicht aus dem Auge verlieren, da man ansonsten nichts wirklich bessert.
Gegenseitige Hilfe meint schon eher, gemeinsam etwas zu unternehmen, was man sich allein noch nicht getraut hätte, sich darüber auszutauschen und die Situation gemeinsam schrittweise zu verbessern.  

Gefahren und deren Bewältigung


Bei allen Vorteilen, die eine Selbsthilfegruppe bietet, gibt es natürlich auch Möglichkeiten einer negativen Entwicklung und negativen gegenseitigen Beeinflussung:

Angst vor neuen Wegen wird zum Hemmschuh und überträgt sich auf Andere

  • klare Ziele formulieren,
  • Ängste klar benennen (man kann keinen zwingen, irgendwas mitzumachen, aber man kann darüber reden, warum man davor Angst hat)
  • wenn einer Angst hat, ist das für die Übrigen noch lange kein Grund, eine Sache nicht zu machen. Letztlich ist immer jemand da, der gerade nicht kann. Besser ist, diejenigen die sich etwas vornehmen wollen führen das auch auch durch und ermuntern damit die, die es im Moment noch nicht können. Ermuntern ja, aber nicht Druck ausüben.
Angst vor Konfrontation mit der Angst wird verbreitet, indem man sie nur unkommentiert wirken läßt:
  • versuchen, herauszufinden, warum man Angst hat (und ob sie begründet ist) und überlegen, wie man daran etwas ändern könnte.
Gefahr eines Lamentiervereins
z.B.: A: Mir geht es ja so schlecht. B: Mir auch! C: Aber mir geht es noch viel schlechter, da geht es Euch ja noch gut ... usw.
  • ein waches Auge auf solche Vorgänge werfen, darauf achten, daß nicht ausschließlich über negative Erfahrungen geredet wird (und sich damit alle gegenseitig runterziehen)
  • am Besten ist, wenn es Erfahrenere gibt, die auf sowas achten und rechtzeitig gegensteuern
  • eventuell einen bestimmten Ablauf der Treffen festlegen, in dem neben Erfahrungsberichten auch ganz gezielt nach Erfolgen gefragt wird und Aktionen durchgeführt werden
Falsch verstandene Hilfsbereitschaft:
  • es ist manchmal so, daß man Anderen besser Ratschläge geben kann als sich selbst und daß das eine gewisse Ablenkung von den eigenen Problemen bringt. Wenn das alle machen, dann wimmelt es in der Gruppe nur so von guten Tips, aber keiner kann sie wirklich umsetzen. In dem Falle ist es gut, bei sich selbst zu bleiben und nur Beispiele aus dem eigenen Leben zu geben, wo solche Tips schon mal wirklich funktioniert haben. Es ist auch gut, zuzugeben, wenn man selbst in solchen Fragen nicht so recht weiterweiß und nicht ganz fix irgendeine "gute Erklärung" zu suchen, nur um dem Anderen "was Gutes zu tun". Man kann dann immer noch gemeinsam nach einer Lösung suchen